30: Saioa Alvarez Ruiz zu Gast bei KRAUTHAUSEN – face to face

Shownotes

Zu Gast bei KRAUTHAUSEN - face to face: Saioa Alvarez Ruiz, Performerin.

Saioa Alvarez Ruiz ist Performerin und lebt in Berlin. Sie studierte Soziologie, Politik- und Medienwissenschaften an der Universität Düsseldorf und Theaterpädagogik an der Universität der Künste Berlin. Ihren höchsten Bildungsgrad erlangte sie durch das Leben mit Behinderung. Die erlernten Überlebens- und Kampfstrategien genauso wie eine sensible Beobachtungsgabe für ihre Umwelt und eine präzise Verbindung zu ihrem Körper nutzt sie für ihre Arbeit.

Mit Raul Krauthausen unterhält er sich über seinen Werdegang.

Mehr Infos:
saioa-alvarez.de

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00:00:00: Es ist wieder soweit. Eine weitere Folge "Krauthausen - Face To Face".

00:00:04: Wieder aus Berlin Kreuzberg und genauer gesagt:

00:00:07: aus dem Refugio Berlin Kreuzberg.

00:00:10: Heute ist meine Gästin die groß- artige Künstlerin, Schauspielerin

00:00:14: und Performerin Sajoa Alvarez Ruiz.

00:00:29: - Hi. - Hi.

00:00:31: Danke für die Einladung.

00:00:32: Schön, dass du da bist.

00:00:34: Was genau ist eine Performerin im Vergleich zur Schauspielerei?

00:00:37: Vielleicht mit einer Erinnerung am besten zu erklären:

00:00:40: Mir hat mal eine Schauspielerin gesagt, ihr gefällt der Job ...

00:00:43: besonders gut, weil sie durch die Schauspielerei ...

00:00:46: eine Pause von sich selbst bekommt.

00:00:49: Indem sie in andere Figuren schlüpft.

00:00:52: Und ich schlüpfe nicht in andere Figuren.

00:00:55: Ich bin auf der Bühne immer ich selbst,

00:00:58: aber schlüpfe in andere Realitäten.

00:01:01: Ich genieße die Pause eher von meiner Realität, von meinem Alltag,

00:01:05: weil auf der Bühne eine ganz andere Realität, vielleicht auch nicht was

00:01:08: mit mir und meiner Biografie unbedingt zu tun hat,

00:01:11: also ohne so zu tun, als wäre ich jemand anderes.

00:01:14: Also Schauspielerei ist eher eine Art Dienstleistung ...

00:01:17: und Performen wäre quasi Selbstentdeckung.

00:01:21: Ich glaube, dass auch SchauspielerInnen sich ...

00:01:24: durch Rollenarbeit und so, sehr gut selber kennenlernen können.

00:01:28: Und auf jeden Fall entdecke ich viele Seiten auch an mir,

00:01:31: durch Performen, aber ich versuche vor allem,

00:01:34: nichts Fiktives, keinen fiktiven Kosmos herzustellen.

00:01:37: Eine andere Realität, aber ich tu niemals so,

00:01:40: als wäre ich jetzt die tolle Julia neben einem Romeo oder so,

00:01:45: sondern maximal könnte ich die Sajoa sein,

00:01:49: die vielleicht einen Julia-Text spricht, aber als Sajoa,

00:01:53: und einen Romeo ablehnt auf der Bühne, keine Ahnung.

00:01:57: Gibt es denn auch umgekehrte Situationen, wo du dein Talent,

00:02:02: zu performen, auch in der Realität außerhalb von Bühnen nutzt,

00:02:07: um ein Ziel zu erreichen oder um Dich auch sicher zu fühlen?

00:02:12: Ich bin es seit meiner Geburt ge- wohnt, 1000 Blicke auf mir zu haben.

00:02:17: Und mit ihnen zu spielen, also klassisches Thema von Leuten ...

00:02:21: mit Behinderungen, einfach andere Leute ein bisschen zu navigieren.

00:02:25: In ihrer Unsicherheit.

00:02:26: Das ist eine extrem gute Performer- ausbildung, würde ich sagen.

00:02:32: Ich mache ja seit ein paar Wochen mit meiner Partnerin Impro-Theater

00:02:38: und ich fand es für mich eine spannende Erfahrung,

00:02:41: auch zu gucken: wie reagiert jemand anderes,

00:02:43: wohl wissend, dass er oder sie ja auch spielt.

00:02:45: Hast du solche Erlebnisse am Anfang auch als etwas,

00:02:49: sagen wir mal, Experimentelles gesehen,

00:02:52: oder hattest du das Gefühl, du musst jetzt immer gleich liefern, quasi?

00:02:56: Aus der Situation im Impro-Theater, was du gerade beschrieben hast,

00:03:00: dieses Reagieren auf etwas, was du nicht kommen sehen kannst,

00:03:05: sowas ist auch eine absolute Liebe ...

00:03:08: oder ein Hauptgrund, warum ich Theater mache.

00:03:11: Das ist mein ...

00:03:12: mentales und körperliches Training, fit zu bleiben und

00:03:16: auf jede Unvorhersehbarkeit reagieren zu können.

00:03:21: Ich mag es, dass es meine spontane Handlungsfähigkeit ...

00:03:26: wirklich wachhält.

00:03:27: Und auf jeden Fall kann ich mich in Situationen ausprobieren,

00:03:31: die ich so im Alltag nicht erlebe.

00:03:33: Die letzte Produktion ganz extrem, mit einem Harness ...

00:03:37: und Sicherheitsgurt mich um meine eigene Achse drehen zu können.

00:03:41: Ich wusste nicht, dass es ein Lebensziel von mir war,

00:03:44: mich ein paar Mal um meine eigene Achse zu drehen.

00:03:47: Das war ein total geiles Gefühl. Es hat es nicht ins Stück geschafft.

00:03:50: Aber so Spielereien darf ich durch meine Arbeit immer ausprobieren.

00:03:55: Ich habe ja schon Angst bei einer Sommerrodelbahn,

00:03:58: die du ungebremst einfach runterfahren kannst,

00:04:01: ohne dass dir was passiert und ich hab so tausend Tode gestorben!

00:04:04: - Bei Rodelbahn wäre ich auch raus. - Ja?

00:04:06: Aber in der Luft, da kann man sich gegen nichts stoßen.

00:04:09: Da ist keine Gefahr.

00:04:10: Aber du kannst rausfallen, run- terfallen, keine Ahnung, was.

00:04:13: Das ist ja das geile Gefühl, wirklich ganz fest ...

00:04:16: in einem Gurt zu sein und dann genau das ...

00:04:19: deinem Kopf zu sagen, obwohl deine Augen sehen:

00:04:23: Scheiße, es ist wirklich tief!

00:04:25: Deinem Kopf zu sagen: trotzdem,

00:04:27: dreh dich jetzt um deine eigene Achse und -

00:04:30: ignorier dein Alarmsystem.

00:04:33: Weil einfach die Unfallgefahr wirklich gleich Null war.

00:04:37: Ich hatte einen superguten Gurt. Die Seile waren stabil.

00:04:41: Wow, trotzdem mutig!

00:04:42: Du hast ja in einem Stück mitgemacht: ›Ophelia's got talent‹.

00:04:46: Was bekommen die ZuschauerInnen da zu sehen?

00:04:49: Ich würde sagen, ›Ophelia's got talent‹ ...

00:04:51: ist eine Theaterproduktion oder Tanzproduktion,

00:04:55: die wie eine Casting- Show aufgebaut ist.

00:04:59: ›Ophelia's got talent‹, der Titel, ist an ›Britain's got Talent‹,

00:05:03: oder hier ›Deutschland sucht den Superstar‹ und so, angelehnt.

00:05:07: Und Ophelia:

00:05:09: Also das Stück hat als Oberthema Wasser.

00:05:12: Es gibt wahnsinnig viel Wasser, tausende Liter Wasser auf der Bühne.

00:05:17: Einen riesigen Pool.

00:05:18: Einen Tank und ein Aquarium.

00:05:21: Und wir sind quasi alle Ophelias, wobei auch hier wieder:

00:05:26: Wir verkörpern nicht die klassische Ophelia,

00:05:31: aber beschäftigen uns mit ganz vielen Themen,

00:05:35: die mit Wasser verbunden sind.

00:05:36: Ophelia, z.B. ist ja ertrunken und ist eine totale Opferrolle.

00:05:40: Und dem versuchen wir auch so ein bisschen -

00:05:44: Tausend Ophelia-Alternativen vielleicht entgegenzusetzen ...

00:05:48: und es passieren viele lustige Dinge auf der Bühne.

00:05:51: Da wird man sehr feucht, nehme ich an, mit viel Wasser.

00:05:55: Wir springen auch ... und früher oder später ist, glaube ich, jeder ...

00:05:59: mal im Wasser, aber es gibt auch ein paar Sachen an Land.

00:06:03: Die Regisseurin und Choreographin Florentina Holzinger ...

00:06:07: hat Dich ganz gezielt für dieses Stück ausgesucht.

00:06:10: Wonach hatte sie gesucht, das du konntest?

00:06:12: Ich glaube das Hauptkriterium ist das Match, tatsächlich ...

00:06:17: Spaß daran zu finden, was Florentina macht.

00:06:20: Ihre Arbeiten haben ja auch so eine -

00:06:23: gewisse Signatur, sag ich mal, oder Handschrift.

00:06:26: Sie arbeitet immer mit Nacktheit auf der Bühne.

00:06:29: Es sind immer Frauen auf der Bühne.

00:06:31: Und es geht um Selbstbestim- mung bis zum maximalen Grad.

00:06:37: Und ...

00:06:39: auch sozusagen in alle Richtungen.

00:06:41: Man könnte sagen: auch in negative Richtungen,

00:06:43: wie zum Beispiel, sich selbst Schmerz zuzufügen,

00:06:46: aber auch schamlos zu sein.

00:06:48: Es würde nicht funktionieren, glaube ich, wenn man nicht auch

00:06:51: an genau diese Arbeit und Ästhetik glaubt.

00:06:54: Gab es denn etwas, was für Dich besonders schwierig war?

00:06:57: Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen: nackt auf der Bühne.

00:07:00: Das wäre überhaupt nicht mein Ding.

00:07:02: Das war nicht mein Problem. Tatsächlich war es das Wasser.

00:07:04: # lacht #

00:07:07: Wasser, dachte ich erst ...

00:07:09: Scheiße! Nicht unbedingt mein Lieblingsthema.

00:07:11: Ich kann überhaupt nicht schwimmen ohne Hilfsmittel.

00:07:15: Aber gleichzeitig mag ich auch total das Gefühl, im Wasser zu sein.

00:07:19: Ich verbringe maximale Zeit am See.

00:07:22: Seit ich in Berlin lebe, im Sommer.

00:07:25: Aber es waren auch keine,

00:07:27: für mich keine gefährlichen Wassernummern, oder so, dabei.

00:07:31: Ich mache tatsächlich jetzt doch auch im Endeffekt mehr.

00:07:34: An Land und in der Luft.

00:07:37: Natürlich in der Luft.

00:07:40: Gab es besonderes Feedback an Dich oder das Stück, vom Publikum?

00:07:45: Es gab sehr viele wunderschöne Worte an Feedback zu diesem Stück.

00:07:51: Gezielt an mich war, glaube ich, mein Lieblingskompliment,

00:07:55: dass ich ein gutes Gefühl für Timing hätte und das ...

00:07:59: meine Nummer besonders witzig gemacht hätte.

00:08:02: Fand ich gut. Damit kann ich arbeiten.

00:08:04: Ja, vor allem ist es mal so Feedback, das nicht,

00:08:07: da kommen wir auch später noch drauf zu sprechen,

00:08:09: das nicht nur auf Körper basiert,

00:08:11: oder auf Aussehen,

00:08:12: sondern wirklich auch auf das Können.

00:08:14: Dein Weg zur Künstlerin, die du heute bist,

00:08:17: und du hast an der Uni Düsseldorf studiert,

00:08:20: und an der UdK in Berlin.

00:08:23: Also, die UdK Berlin kenne ich, da war ich auch.

00:08:25: Wir waren der einzige Nicht-Kunst Studiengang.

00:08:28: Beim Zweig Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation.

00:08:31: Wir wurden auch ausgelacht von den KünstlerInnen an der Uni.

00:08:34: Weil wir eben keine Künstler sind.

00:08:36: Aber was hast du denn an der Uni Düsseldorf gelernt?

00:08:39: In Düsseldorf hab ich im Bachelor Sozialwissenschaften studiert.

00:08:43: Soziologie, Politik- und Medienwissenschaften.

00:08:46: Und an der UdK?

00:08:47: Und an der UdK Theaterpädagogik im Master.

00:08:49: Und da habe ich dich auch manchmal gesehen.

00:08:51: Ich weiß noch, unsere erste Begegnung,

00:08:53: da hast du, glaube ich, an deinem Auto oder so,

00:08:56: Mittagspause gemacht auf dem Parkplatz.

00:08:59: Und ich hab nur ganz schüchtern n'Guten gewünscht.

00:09:01: - Und bin schnell weitergelaufen. - Kann ich mich nicht erinnern.

00:09:05: Was ist denn der Unterschied ...

00:09:07: von einer Theaterpädagogik-

00:09:10: und einer Schauspielausbildung?

00:09:12: Eigentlich habe ich studiert, andere Leute dazu zu animieren,

00:09:17: Theater zu machen.

00:09:22: Und erstmals mache ich jetzt selbst Theater,

00:09:25: weil ich das Glück hatte, dass der Theaterpädagogik-Master an der UdK

00:09:30: sehr künstlerisch und vielleicht sogar ähnlich ...

00:09:34: dem Schauspiel-Studiengang aufgebaut ist.

00:09:36: Und doch hab ich das Gefühl, dass es im Vergleich zu Schauspiel

00:09:39: eher deinen Blick zu trainieren, dass du in den Leuten auch ...

00:09:43: ihre Stärken siehst.

00:09:44: Wie kannst du sie so auf der Bühne inszenieren,

00:09:47: dass sie stark rüberkommen und das erzählen,

00:09:50: was sie erzählen wollen?

00:09:52: Aber hättest Du gern Schauspieler- Innen-Ausbildung gemacht?

00:09:54: Ich hätte gern eine bessere, noch intensivere Ausbildung,

00:09:58: was jetzt auch Text lernen angeht.

00:10:00: Ich brauche sehr viel länger wahr- scheinlich, als gut ausgebildete

00:10:05: Schauspieler, um Text zu lernen.

00:10:07: Oder, um dieses Körper - ...

00:10:08: Ich nenne mich auch aus einem Respekt zum Handwerk ›Schauspiel‹

00:10:12: Performerin, weil ich das nicht gelernt habe.

00:10:15: Aber ich glaube, ich war so auch für mein Leben ...

00:10:19: und alles, was auch noch Aspekte von gemeinsam studieren sind,

00:10:24: war ich genau am richtigen Ort, an diesem Theaterpädagogik-Master,

00:10:29: weil wir einfach eine ...

00:10:31: richtig gute Gruppe an zwölf Leuten waren.

00:10:36: Wir waren sehr unterschiedlich, aber doch irgendwie so ...

00:10:38: sehr auf ›Gruppe‹ - gute Teamplayer und so weiter.

00:10:41: Man lernt sich ja auch kennen, und wahrscheinlich auch sehr intensiv,

00:10:44: wenn man sehr viel zusammen arbeitet.

00:10:46: Und zwölf Leute sind auf jeden Fall beherrschbarer ...

00:10:49: als 400 in einem Audimax.

00:10:51: - Wenn man an Unis studiert. - Auf jeden Fall.

00:10:53: Du hast gerade ein ganz schönes Stichwort genannt.

00:10:55: Du hast gesagt, Theater hat ja noch andere Aufgaben,

00:10:58: als einfach nur Schauspielerei oder Darbietung von Kunst.

00:11:02: Und dann hast du das Wort Diversität genannt.

00:11:04: Das ist ja wahrscheinlich unser beider Thema, für das wir,

00:11:09: wenn wir aktivistisch tätig sind, leben.

00:11:13: Und uns einsetzen - und ich muss sagen, sorry,

00:11:17: aber die UdK ist ja nicht besonders divers.

00:11:19: Ich war immer der einzige Mensch mit Behinderung ...

00:11:22: in den ganzen 20 Semestern, die ich da studiert habe.

00:11:25: What’s wrong? Warum ist das so?

00:11:29: Angefangen damit, dass diese Uni einfach nicht barrierefrei ist,

00:11:33: nicht annähernd.

00:11:34: Das ist mit Abstand, glaub ich, das Hauptproblem.

00:11:38: Weil ich weiß noch, dass ich ...

00:11:39: tatsächlich bei meinen Aufnahmeprüfungen ...

00:11:43: diese klassische, unkomplizierte Behinderte gespielt habe.

00:11:46: - Immer! Kein Problem! - Ja, ja, das kriegen wir hin!

00:11:48: Und dann leidet man.

00:11:50: Ja, man zahlt natürlich selber den Preis ...

00:11:53: und muss dann alles kompensie- ren, was die Uni verkackt hat.

00:11:56: Und dann muss man irgendwie gucken, wie man doch ...

00:12:00: Treppen irgendwie überwinden kann, oder Wege, oder was auch immer.

00:12:03: In der Zeit, in der ich studiert habe,

00:12:05: haben wir wirklich viele Konflikte auch mit der UdK gehabt,

00:12:09: als wir verlangt haben:

00:12:11: Kein Seminar über ›disabilities on stage‹ ...

00:12:14: im vierten Stock ohne Aufzug stattfinden zu lassen.

00:12:17: Das macht ja auch überhaupt gar keinen Sinn!

00:12:19: Dass wir darüber überhaupt noch streiten mussten,

00:12:21: und dann nicht jemand gesagt hat:

00:12:23: ›Scheiße, ist mir das peinlich!‹

00:12:25: Ich kann verstehen, warum man sich das doppelt und dreifach überlegt,

00:12:28: als Person mit Behinderung dort studieren zu wollen.

00:12:31: Also es gibt sie, ja, auf jeden Fall.

00:12:33: Es gibt sie auch jetzt schon.

00:12:35: Aber es könnten mehr sein, wenn die Zugangsvoraussetzungen ...

00:12:39: an den Kunsthochschulen besser wären.

00:12:40: Was mich an dieser Sache wirklich immer mehr nervt, ist ja:

00:12:44: entweder es muss alles ganz schnell gehen,

00:12:47: wir brauchen für eine jetzige Produktion ...

00:12:49: jetzt jemanden, der das kann.

00:12:50: Wir haben keinen gefunden? Ja, dann machts halt Tom Schilling.

00:12:53: So, jetzt mal platt gesagt.

00:12:55: Was halt komplett fehlt, ist die- ser Nachhaltigkeitsgedanke.

00:12:58: Also, wie du sagst, die Ausbildung, oder dann,

00:13:00: dass so was einfach im nächsten Semester nicht nochmal passiert.

00:13:03: Wenn das nicht gelernt wird in solchen Strukturen.

00:13:06: Das ist eigentlich das, was man ...

00:13:09: vielleicht auch gesetzlich verbieten sollte.

00:13:12: Ich glaube es ist alles ausgesprochen.

00:13:15: Zumindest, was die Bedarfe an Menschen mit Behinderungen angeht

00:13:19: und es muss einfach umgesetzt werden.

00:13:23: Auf jeden Fall.

00:13:24: Und was ich dem Zuge dann auch immer total schade finde,

00:13:28: dass dann behinderte Menschen auch nur dann gewollt sind,

00:13:32: wenn sie irgendwie bereichern.

00:13:34: Wenn sie Diversität erfüllen.

00:13:35: Das wird solange sein, wie wir in dieser Zwischenphase sind,

00:13:38: dass es noch explizit gefördert werden muss.

00:13:41: Ich hab kein Problem damit, wenn ich aufgrund von ...

00:13:44: beider Merkmale angefragt werde,

00:13:47: dass ich professionelle Performerin bin ...

00:13:50: und eine sichtbare Behinderung habe.

00:13:52: Irgendwann, hoffe ich,

00:13:55: dass nicht mehr dieses zweite Merkmal so krass relevant ist.

00:14:00: Und bei der jetzigen Produktion, bei ›Ophelia’s got talent‹ z.B.,

00:14:04: ist noch eine zweite Person mit sichtbarer Behinderung ...

00:14:07: auf der Bühne.

00:14:09: Und ich hab schon das Gefühl, dass, allein dass wir zwei sind,

00:14:11: dass wir da viele dieser Probleme von Repräsentation ...

00:14:15: und diesem Druck, der dann auch auf einer Person lastet,

00:14:18: dass wir das ganz organisch lösen,

00:14:20: einfach weil wir zwei auf der Bühne sind.

00:14:22: Das ist aber wirklich selten.

00:14:23: Ich hab das Gefühl, dass, wenn ich als Kind ...

00:14:26: eine Serie gesehen habe oder einen Film ...

00:14:29: und wenn dann da mal eine Person mit Behinderung auftauchte -

00:14:33: Dann war es immer Erwin Aljukic von >Marienhof<.

00:14:36: Mit dem werde ich immer verwechselt.

00:14:38: Aha! Nee, ich hab kein Marienhof geguckt.

00:14:40: Okay.

00:14:42: Hatte der ’ne coole Rolle?

00:14:43: Seine Rolle war, hat er mir erzählt hier in der Sendung,

00:14:47: dass er der Bewohner von Marienhof ist,

00:14:51: der der ewige Single ist ...

00:14:53: und die Beziehungen, die er hat, immer zerbrechen.

00:14:57: Und es ist im Skript festgeschrieben gewesen.

00:14:59: - Wegen der Behinderung? - Wegen der Behinderung, natürlich.

00:15:02: - Ach ja. - Ja.

00:15:03: Und irgendwann wollten alle, dass er das Wort "Krüppel" sagt,

00:15:06: da hat er sich dann aber geweigert.

00:15:08: Und dann wurde er quasi rausgeschrieben.

00:15:10: Ja, und seitdem performt er auf Bühnen. Tanzt und als Schauspieler.

00:15:14: Wie sind wir jetzt hier hingekommen?

00:15:17: Wir sind hier hingekommen, weil ich es total wichtig finde,

00:15:20: dass behinderte Menschen Re- präsentation erfahren in den Medien.

00:15:24: Und es gibt ja, Peter Dinklage zum Beispiel,

00:15:27: der auch immer herhalten muss für diesen Vergleich,

00:15:31: der Tyron Lanister in ›Game of Thrones‹ spielt.

00:15:35: Als kleinwüchsiger Schauspieler.

00:15:37: Und der in den USA auch eigentlich schon eine Art Sexsymbol ist.

00:15:43: Weil er auf dem ›Rolling Stone‹ Cover ...

00:15:46: abgelichtet war und das Thema Behinderung gar kein Thema war.

00:15:51: Was machen die Amerikaner besser?

00:15:54: Oder anders als wir in Deutschland?

00:15:56: Vielleicht bin ich das deutsche Pendant?

00:15:58: Ich muss es nur noch auf ein Cover schaffen.

00:16:00: Ich glaube, wenn man einigen anderen Normen entspricht,

00:16:03: kann man das schon schaffen, auch in Deutschland, würde ich sagen.

00:16:06: Klar, Behinderung ist eigentlich ...

00:16:08: schon ein Ausschlusskriterium für unsere Mainstream-Schönheitsideale.

00:16:14: Aber er hat wahrscheinlich tausend andere Kriterien,

00:16:18: wo er total so volle Punktzahl im klassischen Sinne erfährt.

00:16:24: Wenn das jetzt z.B. mein Ziel wäre, müsste ich ...

00:16:28: sehr vielen anderen dummen Normen einfach ...

00:16:32: unreflektiert entsprechen.

00:16:34: Ich hab schon mal den roten Lippenstift und lange Haare,

00:16:37: also ein paar Schönheitsnormen schaff ich schon auch,

00:16:40: denke ich auch regelmäßig drüber nach,

00:16:42: was will ich davon? Was nicht?

00:16:44: Ich will nur sagen,

00:16:45: dass das meiner Meinung nach ein sehr hoher Preis ist,

00:16:48: den ich z.B. nicht bereit bin, zu zahlen.

00:16:51: Weiß nicht, ob das ein Ziel sein sollte, von Menschen mit Behinderung

00:16:55: - Sich dann da anzupassen, quasi? - Ja.

00:16:58: Es gibt ja in Deutschland einige Theater,

00:17:01: die ganz explizit und gezielt SchauspielerInnen ...

00:17:04: mit Behinderungen ausbilden,

00:17:06: es gibt dann gemischte Theater und es gibt dann Behindertentheater.

00:17:11: Von RambaZamba und Thikwa, das sind die einen.

00:17:14: Und dann gibt es aber auch die Theaterakademie in Ulm.

00:17:18: Gab zumindest mal einen Jahrgang,

00:17:20: wo Jana Zöll, die du vielleicht auch kennst, hervorkam.

00:17:23: - Ja.

00:17:25: Aber trotzdem stelle ich mir die Frage:

00:17:27: Warum kommt dann, wenn doch angeblich so gut ausgebildet wird,

00:17:30: so wenig auf der echten Bühne von großen Theatern vor?

00:17:34: Frage: Wurden sie auf diesem Regelbildungsweg ausgebildet?

00:17:39: Da würden sie jetzt wahrscheinlich sagen: Nein, ...

00:17:43: aber wir sind genauso gut und wir passen uns extra an.

00:17:47: Das kann gut sein, dass sie es sind, aber an der UdK zu studieren -

00:17:53: - Das ist ja auch ein Name. - Das ist ein Name.

00:17:56: Aber auch im Studiengang ... schon im ersten Semester,

00:18:00: hatte ich schon Kontakte zu den größten Häusern Berlins.

00:18:05: Und diese Kontakte intensivieren sich in den vier Semestern.

00:18:09: Und danach, die meisten meiner KommilitonInnen landen ...

00:18:14: an großen Theaterhäusern, renommierten Theaterhäusern ...

00:18:18: oder sind auch in der freien Szene super erfolgreich.

00:18:22: Das zieht sich durch, denn auch wenn du Förderanträge stellst,

00:18:26: wie das halt so ist mit so etablierten ...

00:18:29: Strukturen - irgendwie gibt man denen mehr Vertrauensvorschuss.

00:18:34: Wenn du nicht den klassischen Weg der Ausbildung gewählt hast,

00:18:38: glaube ich, hast du es immer schwerer.

00:18:40: Hast Du das Gefühl, SchauspielerInnen mit Behinderung

00:18:42: werden adäquat ausgebildet?

00:18:45: Jetzt lassen wir mal Barrierefreiheit kurz beiseite.

00:18:48: Traut man denen ausreichend zu oder werden sie dann doch eher

00:18:52: in Watte gepackt und geschont?

00:18:54: Ich habe gerade so ne Checkliste erstellt.

00:18:57: Was für mich Kriterien sind ...

00:19:00: für eine Zusammenarbeit mit Nichtbehinderten, ...

00:19:04: die produktiv ist und auf jeden Fall ...

00:19:08: ist das ein entscheidendes Kriterium,

00:19:12: dass die Regie oder Choreographin mir auch gezieltes Feedback gibt,

00:19:17: das mich weiter bringt und nicht ...

00:19:21: "Ja, ja, sieht gut, aus was Du da machst, mach einfach weiter."

00:19:25: Wo so ein bisschen -

00:19:26: Ich würde sagen, wenn eine Person merkt, sie kann machen,

00:19:30: was sie will.

00:19:32: Alle finden es super.

00:19:35: - Und das gibt es ja sehr häufig. - Ja.

00:19:39: Ich habe manchmal das Problem,

00:19:41: dieses ehrliche Feedback, das man bekommt,

00:19:43: das kann ich nur dann akzeptieren, wenn ich kritisiert werde.

00:19:46: Wenn jemand ehrlich sagt, "es war wirklich gut",

00:19:49: dann weiß ich nicht, ob das ehrlich ist oder ob es dieses Schonen ist.

00:19:53: Das habe ich auch.

00:19:54: Ich glaube, da vermischen sich auch manchmal, zumindest bei mir,

00:19:58: persönliche Unsicherheiten, vielleicht auch nicht,

00:20:02: so zu hundert Prozent ...

00:20:04: endgültig auch anzunehmen,

00:20:06: Behinderung als wirklich starkes Merkmal,

00:20:10: für das ich mich nicht schäme, sondern auf das ich sehr stolz bin.

00:20:14: Und dass ich auch lerne,

00:20:17: mir sowas anhören zu können, wenn jemand sagt: Ich mag die Bewegung.

00:20:22: Es ist Qualität, die Dein Körper mit den kürzeren Armen und Beinen

00:20:27: bietet, auch, weil ich es nicht so oft sehe.

00:20:31: Und alle Überraschungen, Irritationen sind ...

00:20:34: auf der Bühne immer sehr positiv, aber ...

00:20:37: insgesamt in der Gesellschaft ist Behinderung ...

00:20:41: nicht total positiv konnotiert. Und ich glaube,

00:20:44: da ist auch noch so ein bisschen persönliche Arbeit,

00:20:49: die Scham ganz loszulassen und ...

00:20:51: und ein Gefühl von Stolz ...

00:20:55: wachsen und wirklich endlich ankommen zu lassen.

00:20:58: Katrin Bittl war auch mal zu Gast, vor gar nicht allzu langer Zeit.

00:21:02: Und Du hast zusammen mit ihr oder sie zusammen mit Dir,

00:21:06: die Intersektionalität von Frausein und Behinderung erforscht ...

00:21:10: in einem Medienprojekt mit dem Titel "Double Trouble".

00:21:13: Und ich muss zugeben, als ich mir das Projekt angesehen habe,

00:21:17: damals schon bei Katrin Bittl,

00:21:20: habe ich versucht, die Seite komplett zu erfahren und zu lesen.

00:21:23: Das ist sehr interessant zusammengebaut.

00:21:25: Und das schauen wir uns jetzt mal gemeinsam an.

00:21:27: Jetzt sieht man, glaube ich, Katrin Bittl gerade tanzen.

00:21:30: Tanzen ist auch eine gute Beschreibung!

00:21:33: - Es bewegt sich auf jeden Fall. - Elemente, ja. Ist wohl ein Intro.

00:21:36: Aber wenn man dann noch weiter- klickt, dann hat man drei Optionen.

00:21:40: Und in jedem einzelnen Button stecken wieder Optionen.

00:21:43: Die Frage ist erstmal: Bei jedem Besuch dieser Website ...

00:21:46: passiert was Neues, vielleicht auch in Deinem Kopf.

00:21:49: - Welche Möglichkeiten hast Du? - "Aha".

00:21:51: Ich würde "Aha" klicken.

00:21:53: "Bist du bereit, mitzumachen?"

00:21:55: "Stopp mal, ich will wissen, was das hier ist."

00:21:57: "Na gut, solange ich meinen Hintern nicht bewegen muss."

00:22:01: "Oh Gott, ich hasse Mitmach-Projekte!"

00:22:03: "Ja ja, ich mach mit!"

00:22:05: Und:

00:22:06: "Ich finde die Buttons ein wenig manipulativ."

00:22:09: Für was entscheidest Du Dich?

00:22:12: Das letzte Mal habe ich gesagt: Ich hasse Mitmach-Projekte.

00:22:16: Ja, das Publikum hat immer Angst vor Partizipation.

00:22:19: Verstehe ich. Legitimer Einwand.

00:22:21: Aber ich würde jetzt sagen: Ich finde die Buttons manipulativ,

00:22:24: weil ich diesen Impuls gerade habe.

00:22:27: "Ja, du hast völlig Recht. Pass lieber gut auf Dich auf."

00:22:30: "Nice."

00:22:31: "Es wird Zeit, dass wir Dir verraten, was wir hier machen."

00:22:34: "Double Trouble ist ein Medienkunstprojekt."

00:22:36: "Du klickst dir deinen Weg durch den digitalen Raum."

00:22:39: "Thematisch geht es darum, was es bedeutet,

00:22:41: eine Frau und behindert zu sein."

00:22:43: "Wir nennen das hier Double Trouble."

00:22:46: "Aber es geht nicht die ganze Zeit um Probleme."

00:22:48: "Es geht vielmehr um doppelte Kompetenz und Leistung."

00:22:51: "Dich erwarten bewegte Bilder, Musik, Fotos, Geschichten, ...

00:22:55: Fragen und Antworten."

00:22:56: "Definitiv mehr Fragen als Antworten."

00:22:58: "Das hier ist kein Ratgeber. Es ist Kunst."

00:23:01: Und an dieser Stelle empfehle ich dir ja ...

00:23:03: "Geht´s etwas deutlicher?" zu klicken, weil das ist ...

00:23:07: für mich persönlich die beste Beschreibung des Projekts.

00:23:10: Das habe ich auch immer angegeben, bei allen ...

00:23:14: Öffentlichkeits - PR-Sachen als Kurzbeschreibung.

00:23:18: Und ich finde das Zitat auch immer noch sehr passend.

00:23:20: "Das beste Gefühl im Alltag: Geleckt werden ...

00:23:24: oder etwas zugetraut bekommen."

00:23:26: "Leider ist das nicht immer der Fall."

00:23:28: Ja, hier decken wir Beides ab, in diesem Projekt.

00:23:32: Und im Prinzip bewegt sich das Projekt in diesem Spannungsfeld.

00:23:36: Hat dich das Überwindung gekostet?

00:23:38: Über geleckt werden und Sexualität und Behinderung ...

00:23:42: ein Kunstprojekt zu machen oder ist es einfach abstrakt genug,

00:23:45: weil es erstmal nur Text ist und Au- dio, wo man wenig Körper zeigt?

00:23:49: Es ist auf jeden Fall abstrakt und künstlerisch verarbeitet.

00:23:54: Deswegen nicht mein Privatleben. Es ist kein Blog und kein Tagebuch.

00:23:59: Es ist auch ...

00:24:00: die Wahrheit ich sag mal verdichtet ...

00:24:03: und auch natürlich in so eine Form gebracht,

00:24:06: dass es auch Spaß macht, es zu lesen, hoffentlich.

00:24:08: Aber es enthält ja Erlebtes?

00:24:11: Ja, es enthält Dating-Storys.

00:24:14: Aber nicht nur. Und zur Überwindung: ich glaube,

00:24:17: ich habe das Projekt zu der Zeit gemacht,

00:24:19: wo es genau den richtigen Punkt hatte - Interesse, aber auch ...

00:24:23: selbstsicher genug, über das Thema sprechen zu können.

00:24:26: Wäre ich nicht bereit gewesen, hätte ich das Projekt nicht beantragt.

00:24:30: Die Website es ja sehr spielerisch interaktiv ...

00:24:33: und das Publikum kann sich nicht einfach zurücklehnen,

00:24:36: und so 'belehr mich mal' oder 'entertain mich mal'.

00:24:40: Du musst Entscheidungen treffen.

00:24:41: Damals hatte ich noch ein bisschen mehr Angst, dass ...

00:24:44: Leute das verwechseln aus meinem Privatleben.

00:24:47: Und mittlerweile denke ich mir:

00:24:49: Scheiß drauf, muss aufhören, Angst zu haben,

00:24:52: dass ich ausgeschlossen werde von Leuten ...

00:24:54: aufgrund von Dingen, die ich getan habe, sondern eher im Gegenteil.

00:24:57: Dadurch, dass ich das mache, worauf ich Bock habe,

00:25:00: nähere ich mich immer mehr den richtigen Leuten, mit denen ich ...

00:25:03: auch arbeiten will.

00:25:05: Gibt es eine Seite, die du besonders zeigen möchtest?

00:25:08: Genau, das sind die drei Elemente. Bewegte Bilder von Katrin Bittl.

00:25:13: Die Fotos sind von Anna Spindelndreier.

00:25:15: Und die Texte, dann kommen wir zum Beispiel auf das Gedicht.

00:25:20: Nichtbehinderte.

00:25:21: Du bist aber selbstbewusst.

00:25:23: Ich bin mehr als selbstbewusst. Ich bin arrogant.

00:25:26: So arrogant,

00:25:28: dass ich mich für besser halte als jede nichtbehinderte Person.

00:25:33: Ich kann Nichtbehinderte nicht ausstehen.

00:25:35: Ich finde sie schwach.

00:25:37: Auch wenn sie mir körperlich überlegen sind.

00:25:40: Im Geiste muss ich aufpassen, dass ich sie nicht zerquetsche.

00:25:44: Wut hat viel Kraft.

00:25:46: Wut. Nicht Hass.

00:25:48: Vorstellungskraft als Kampfsport. Selbstverteidigung.

00:25:53: Wer ist jetzt stärker?

00:25:56: Während meine Muskeln geruht haben,

00:25:58: sind meine Nerven ins Unendliche gewachsen.

00:26:01: Ich habe viel beobachtet, gehört.

00:26:04: Oft. Immer wieder dasselbe.

00:26:06: Sie fragen nicht.

00:26:08: Korrigieren.

00:26:09: Kommentieren.

00:26:11: Bewerten.

00:26:12: Mich.

00:26:13: Doch ich bin der Maßstab.

00:26:16: Nichtbehinderte sind unsicher.

00:26:19: Überfordert.

00:26:20: Ungeduldig.

00:26:22: Unwissend.

00:26:23: Unterschätzend. Faul.

00:26:24: Nicht belastbar.

00:26:26: Ich leiste Arbeit, über die Norm hinaus.

00:26:28: Und sie bleibt für die Mehrheit unsichtbar.

00:26:30: Mehr noch: Sie halten mich für die Schwache.

00:26:34: Die Unterlegene.

00:26:36: "Aber" was?

00:26:39: Wenn mir noch ein Nichtbehinderter sagt,

00:26:42: wie ich sei oder wie ich etwas zu tun habe,

00:26:45: dann sage ich:

00:26:47: Du bist aber selbstbewusst!

00:26:49: Du bist mehr als selbstbewusst, du bist arrogant.

00:26:53: So arrogant,

00:26:54: dass Du Dich für besser hälst als jede behinderte Person.

00:26:57: Stark.

00:26:59: Auch ein bisschen umstritten.

00:27:00: Was ich an dem Text mag: Dass die Dinge einfach umgedreht werden.

00:27:04: Also, die Machtverhältnisse.

00:27:06: Ich habe auch so eine Twitter-Reihe, wo ich ...

00:27:09: die Machtverhältnisse umdrehe.

00:27:11: Wie wieviele Leute da einfach plötzlich sich ...

00:27:14: da berufen fühlen, das anders zu sehen, wo ich denke:

00:27:16: Haltet das doch einfach mal kurz aus,

00:27:18: eine Sekunde in eurem Leben nicht das hören und lesen,

00:27:22: was man sonst immer hört und liest.

00:27:24: Finde ich super interessant.

00:27:27: Ist für viele ungemütlich, den gewohnten Thron zu verlassen.

00:27:31: Und natürlich sollten auch nicht- behinderte Kinder in Förderschulen.

00:27:34: Förderung verdienen wir alle.

00:27:36: Machtverhältnisse umdrehen. Oder -

00:27:38: Wie ist das eigentlich?

00:27:39: Gibt es eigentlich spezielle Dating-portale für Menschen ...

00:27:42: ohne Behinderung?

00:27:43: Hab gehört, da trifft man sich jetzt.

00:27:46: Wie macht ihr das dann? Wie lernt ihr euch kennen?

00:27:49: Ihr habt ja gar kein Thema.

00:27:50: - Kennt ihr euch alle untereinander? - Genau.

00:27:53: Liebe Sajoa, vielen Dank dafür, dass du da warst.

00:27:56: Dass du so viele Gedanken mit mir geteilt hast.

00:27:59: Ich hätte noch 1000 weitere Fragen fragen können.

00:28:02: Und ich lege jedem wärmstens ans Herz sich hier die Website ...

00:28:08: "Double Trouble" nochmal genauer anzuschauen.

00:28:10: Und über Sajoa findet man auch einiges im Netz.

00:28:14: Einen Artikel auf Zeit online, einen Artikel in der taz,

00:28:17: Wo sie auch sehr gut erklärt, was ihre Anliegen sind,

00:28:20: wofür sie sich einsetzt.

00:28:22: Über das, was wir heute besprochen haben, hinaus.

00:28:26: Bis zum nächsten Mal.

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